On the air - aber nicht für unsere Ohren
Möglicherweise trifft man dann bei seinen Streifzügen über lange, mittlere, kurze und ultrakurze Funkwellen auf das eine oder andere, was offiziell aber gar nicht für unsere Ohren bestimmt ist. Hierzu sollte man vielleicht einen Blick in die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen werfen.
Auszug aus dem Telekommunikation-Telemedien-Datenschutz-Gesetz
(vom 12.08.2021)
§ 5 TTDSG Abhörverbot, Geheimhaltungs-Pflicht der Betreiber von Funkanlagen
- Mit einer Funkanlage (§ 1 Absatz 1 des Funkanlagengesetzes) dürfen nur solche Nachrichten abgehört oder in vergleichbarer Weise zur Kenntnis genommen werden, die für den Betreiber der Funkanlage, für Funkamateure im Sinne des § 2 Nummer 1 des Amateurfunkgesetzes, für die Allgemeinheit oder für einen unbestimmten Personenkreis bestimmt sind.
- Der Inhalt anderer als in Absatz 1 genannter Nachrichten sowie die Tatsache ihres Empfangs dürfen, auch wenn der Empfang unbeabsichtigt geschieht, auch von Personen, für die eine Pflicht zur Geheimhaltung nicht schon nach § 3 besteht, anderen nicht mitgeteilt werden. 2§ 3 Absatz 4 gilt entsprechend.
- Das Abhören oder die in vergleichbarer Weise erfolgende Kenntnisnahme und die Weitergabe von Nachrichten aufgrund besonderer gesetzlicher Ermächtigung bleiben unberührt.
Breitband-Empfang verboten
In früheren Tagen - bis weit in die 80er Jahre des vergangenen Jahrhunderts hinein - hatten selbst Funkamateure keine Universalempfänger mit durchgehenden Frequenzbereichen. Die damaligen Geräte arbeiteten mit schaltbaren Frequenzbändern und durften (außer durch Funkamateure) technisch nicht auf einen Empfang "zwischen den Bändern" umgebaut werden. Gute d.h. teure Kurzwellen-Weltempfänger boten außer den Rundfunk-Bändern auch die Amateurfunk-Frequenzen zum Empfang an - sperrten aber alle Frequenzen dazwischen vom Empfang aus.Diese Maßnahmen waren nicht nur rein technischer Natur, sondern auch der früheren Gesetzeslage geschuldet, welche in einer weit schärferen Form als heute, schon im ehemaligen Fernmeldeanlagengesetz zu lesen war. Dort wurde sogar explizit darauf gedrängt, das Empfänger so gebaut sein sollten, dass der Empfang außerhalb von Rundfunk- und Amateurfunkbändern technisch zu verhindern sei.
... und warum das Ganze?
Eine einfache Frage verdient eine einfache Antwort: Weil sich zwischen den Bändern alle möglichen Sender und Funkstationen tummelten, welche unter das Fernmeldegeheimnis und das Abhörverbot fielen: Militär, Seefunk, Flugfunk, Polizei und Rettungskräfte, kommerzielle Nachrichtenagenturen, Spione, Botschaften, sowie eine Vielzahl anderer Stationen und Dienste.Die Zulassungsbehörden haben folglich versucht, den Empfang dieser Dienste und Sender zu unterbinden, dadurch dass man den Menschen gar nicht erst die Möglichkeit gab, diese zu empfangen und diese erst gar nicht auf die Existenz solcher Sender hinwies. In der IT-Welt nennt man diese Vorgehensweise Security throuh obscurity (Sicherheit durch Unklarheit).
Es liegt in der Natur des Menschen
Natürlich ist dieser Versuch vollkommen sinnlos, denn er missachtet eine grundlegende Eigenschaft der Gattung Homo Sapiens und selbst des Obrigkeitshörigen Staatsbürgers: Die Neugier!Ein neugieriger Empfangsamateur oder Mithörender muss sich doch von ganz alleine Fragen, was sich denn auf seinem Rundfunkempfänger zwischen dem 49- und dem 31-Meterband wohl befinden mag? Die Neugier wird ihn solange treiben und antreiben, bis er eine Möglichkeit gefunden hat, diesen Frequenzbereich zu entdecken.
Auch hat die Neugier die Menschen angetrieben, sich zu fragem, was sich eigentlich am unteren (Polizeifunk) oder oberen (Flugfunk) Ende der UKW-Rundfunkskala noch alles befindet. Und durch die technischen Einschränkungen sollte man eben nicht in der Lage sein, diese Bereiche überhaupt hören zu können - ein vollkommen vergebenes Unterfangen.
... nicht zu bremsen
Und genauso entstanden nun durchstimmbare Empfänger: Geräte welche den Frequenzbereich 0-30 MHz - und 100-500 MHz in unterschiedlichen Konfigurationen ohne Unterbrechung und ohne lästige Lücken empfangen konnten. Wie schon geschrieben: In früheren Zeiten waren diese Geräte behördlich verboten. Doch Nutzer und Geräteindustrie drängten darauf, solche Empfänger und Funkgeräte produzieren und legal auf den Markt bringen zu dürfen. Daher verschwanden diese Limitationen aus der Gesetzgebung und wurden ersetzt durch folgenden (gesetzlich fixierten) Grundsatz:Du darfst nur hören, was für Dich oder Funkamateure bestimmt ist. Wenn Du aber (unabsichtlich oder absichtlich) etwas hörst, was nicht für Dich bestimmt ist, musst Du die Empfangsfrequenz sofort ändern und darfst auf gar keinen Fall darüber reden!
Im Übrigen sind tatsächlich die meisten "interessanten" Sender von den kurzen Wellen verschwunden. Im UKW Bereich finden sich zwar immer noch vereinzelt Polizei, Rettungs- und Sicherheitskräfte. Aber diese funken inzwischen digital in anderen Frequenzbereichen - und oft sogar verschlüsselt. Funkverkehr zwischen Schiffen und dem Festland findet nur noch über Satelliten-Telephon statt. So geht der Umfang der empfangbaren Stationen, welche "nicht für mich" senden von Tag zu Tag zurück. Aber ganz verschwunden sind sie noch nicht. Ein "Dreh über die Wellen" könnte daher "dieses und jenes" zutage fördern, über das man dann doch wieder nicht reden darf. Auch wir natürlich nicht.