Amateurfunk ist Experimentierfunk
Der Amateurfunk-Dienst ist ein technisch-experimenteller Funkdienst. Funkamateure bauen sich ihre Geräte selbst. So hat alles begonnen und so ist es heute immer noch. Allerdings haben sich die Experimente von Funkamateuren verlagert. Die größte Herausforderung der vergangenen Jahrzehnte war der Gigahertz-Bereich. Dieser wird aber inzwischen schon kommerziell vielfach genutzt (Satelliten-TV und -Telephon, WLAN-Datenübertragung). Daher hat sich die Arbeit im Gigahertz-Bereich in der Hauptsache auf den Datenfunk verlagert. Hier bauen Funkamateure - zwar mit kommerziellen Komponenten (Accesspoints, Routern etc), aber mit eigener Software - ein drahtloses Internet namens HAMNET, welches vollkommen unabhängig vom kommerziellen Internet rein auf Funkstrecken basiert.
Die Herausforderung der heutigen Zeit liegen daher auch eher in der sich schnell verändernden
Gerätetechnik. War ein Funkgerät noch vor 30 Jahren noch ein großer Kasten, welcher - bedingt durch
die eventuell eingebauten Röhren - eine Menge Wärme von sich gab, werden unsere modernen Funkgeräte immer
kleiner, leichter und vor allem digitaler. Im Prinzip arbeiten wir - ebenso wie die kommerzielle Funkerei - nur noch
mit funkenden Computern.
Der Selbstbau von Funkgeräten ist natürlich nicht gestorben. Aber Funkamateure
verändern heutzutage auch lieber das Filterdesign ihres Senders an einem Bildschirm und benutzen diese Schaltung gleich
für den nächsten Kontakt - als diesen Filter mit dem Lötkolben und handwerklicher Arbeit auszubauen.
Auch stecken moderne Funkamateure sehr viel Arbeit in das Thema Software. Fast schon täglich entstehen neue,
schnellere und effizientere digitale Übertragungsmdoi für Sprache und Daten auf kurzen und ultrakurzen
Wellen. Hier wird viel Zeit und Energie investiert.
Eines hat sich jedoch stark geändert: Noch vor wenigen Jahrzehnten waren Funkamateure die
Antriebsmotoren der Technikentwicklung. Vieles, was Funkamateure entworfen und konzipiert haben, wurde von der
Industrie hernach in kommerzielle Produkte umgewandelt.
Heute ist es anders herum: Die Forscher und Entwickler in der Industrie geben den Takt vor,
bauen immer bessere, kleinere und leichtere Funkgeräte (und Zubehör) mit immer besserer
und umfangreicherer Ausstattung. Die Funkamateure - so sie denn selbst nicht in der
industriellen Entwicklung tätig sind - können hier nicht mehr mithalten. Es werden zwar verschiedentlich
noch selbst Funkgeräte entwickelt und gebaut. Aber die Programmierung der Gerätesoftware und der
virtuellen Hochfrenzverarbeitung nimmt nun den wesentlich größeren Teil der Entwicklungsarbeit
in Anspruch. Noch vor hundert Jahren musste ein Funkamateur sich ALLES selber bauen, was er
zur Kommunikation nutzen wollte.
So konzentrieren sich Selbstbau und Experimente der Funkamateure in der Regel auf Zusatzgeräte, den Antennenbau, sowie die Erfindung neuer und effizienterer Funkbetriebsarten. Man nimmt kommerzielle Geräte, und stellt diese zu neuen Funktionen zusammen - oder baut diese auf Amateurfunk-Gegebenheiten um. So baut man in Amateurfunk-Kreisen mit dem HAMNET ein rein auf Amateurfunkfrequenzen basierendes Internet - verwendet hierbei aber lediglich modifizierte kommerzielle Produkte und Komponenten.
Was die Zukunft für den Experimentierfunkdienst bringt, wird sich zeigen. Aber eines ist sicher: Trotz Smartphone und Internet wird der Amateurfunk nicht sterben - und die Lust und Freude am Experimentieren wird ungebrochen auch die nachfolgenden Generationen erreichen.